Ich gebe zu, ich bin innerlich zutiefst gespalten: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm eine wichtige und richtige Maßnahme ist, ich bin überzeugt, dass die Anbindung des Flughafens verbessert werden muss. Welchen Mehrwert das Tieferlegen des Bahnhofes jenseits der städtebaulichen Chancen bringt, halte ich für diskussionswürdig. Mich überzeugt dieser Teil des Projektes nur sehr bedingt.
Ich sehe, dass das Projekt über viele Jahre demokratisch legitimiert wurde. Allerdings bleibt mit Sicherheit unbestritten, dass ein enormes Politikversagen in den letzten Jahren stattgefunden hat: Der Stuttgarter CDU-OB Schuster hat seine Wiederwahl mit dem Versprechen, bei Kostensteigerungen einen Bürgerentscheid durchzuführen, gewonnen und hat niemals den Dialog gesucht. Der Stuttgarter Gemeinderat hat 60.000 Unterschriften fahrlässig ignoriert (und das mit breiter Mehrheit). Die Landesregierung verspricht den Dialog und provoziert im gleichen Atemzug, indem die Gegner diffarmiert werden. Man könnte mit diesen Beispielen fortfahren.
Für mich ist inzwischen völlig klar: Wer das Projekt jetzt mit aller Gewalt (und das ist ja inzwischen schon wahr geworden) durchprügeln will, der wird das Projekt endgültig zum Scheitern bringen. Wer den Dialog voranbringen will, der muss jetzt einen Baustopp ausrufen. Und wer gute Argumente für das Projekt hat (und das unterstelle ich einfach einmal), der kann auch die Mehrheit des Landes in einem Volksentscheid hinter sich bringen.
Aber ich gebe es offen zu: Ich bin ganz schön zwiespältig, aber da geht es mir wahrscheinlich wie vielen in diesem Land…
Sebastian Weigle

