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Tagblatt, 6. Dezember 2024

Bundestagswahl:

Der Kaltstarter tritt zum dritten Mal an

Ein Artikel von Thomas de Marco

Sebastian Weigle hat sich bei der SPD Reutlingen spontan für die Kandidatur bereiterklärt. Vor wenigen Wochen war das für ihn noch undenkbar gewesen.

Das Wort „Parteisoldat“ gefällt ihm nicht. „Zu martialisch“, sagt Sebastian Weigle. Aber dahinter steckt in seinem Fall, dass er für die SPD schnell aktivierbar gewesen ist. „So falsch ist der Begriff also gar nicht“, sagt er. Denn der 46-Jährige war sofort bereit, per Kaltstart für die SPD in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, als die vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar amtlich waren. Vor zwei Wochen ist er vom Kreisverband nominiert worden, 97 Prozent der 70 Anwesenden stimmten für ihn. Und damit war klar, was für ihn noch Anfang November undenkbar gewesen wäre: Weigle macht noch einmal Wahlkampf.

„Ich bin der Mann für vorgezogene Neuwahlen“, sagt der ehemalige Stadtrat, der bis 2022 die SPD 18 Jahre lang im Reutlinger Gemeinderat vertreten hatte. 2005 war Weigle erstmals für die SPD angetreten, nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Vertrauensfrage wie geplant verloren hatte. Die Reutlinger SPD habe zwar großes Potenzial in den eigenen Reihen, auch junge Leute mit Perspektive. „Aber wir haben nur wenige Wochen, um das zu stemmen. Das reicht nicht, um jemand Neues aufzugleisen, der nicht so bekannt ist. Dafür braucht es mindestens ein halbes Jahr Vorlauf“, sagt Weigle.

Nach der Nominierung zum Fotoshooting in Berlin

Noch am Abend nach seiner Nominierung ist er nach Berlin in die Parteizentrale gereist zum Fotoshooting für Plakate. Auf dem Weg traf er gleich zwei künftige Konkurrenten im Wahlkreis: Michael Donth (CDU) und Pascal Kober (FDP). Zu seinen Aussichten sagt Weigle: „Jeder weiß, dass der Reutlinger Wahlkreis bei Bundestagswahlen traditionell an die CDU geht. Aber ich nehme es gelassen. Die SPD hat hier ein gutes Standing mit so vielen Bürgermeistern wie sonst in keinem Landkreis des Regierungsbezirks.“

Und wie vereinbart der Vater von drei Kindern die Kandidatur mit Familie und Beruf? „Durch Verkürzung meiner Nächte!“, sagt Weigle und lacht. Er ist angestellt bei der Firma Willis Towers Watson und für den Bereich betriebliche Altersversorgung zuständig. „Nach 19 Jahren in der freien Wirtschaft maße ich mir Kompetenzen an, die nicht in Seminaren des Arbeitgeberverbands erlernt werden. Ich bin ziemlich nah dran am Puls der Wirtschaft.“ In seiner Firma ist er Teamleiter und verantwortet Projekte im Millionen-Euro-Bereich. Außerdem hat er den Betriebsrat mitbegründet. „Die starke Mitbestimmung ist ein Pfund unserer Gesellschaft. Das dürfen wir nicht kleinreden“, fordert der SPD-Kandidat.

„Die Ampel hätte durchhalten müssen“

2005 und 2009 ist er bei den Bundestagswahlen schon für die SPD angetreten, einen Wahlkampf in der Weihnachtszeit erlebte Weigle noch nie. „Ich werde jetzt aber nicht mit Nikolausmütze durch die Stadt ziehen. Die Leute machen in dieser Zeit was anderes – und das sollen sie auch. Mit der Bundestagswahl beschäftigen sie sich erst im Januar.“

Der Bruch der Ampelkoalition in Berlin hätte nicht sein müssen, meint der ehemalige Stadtrat. „Sie hat nicht so schlecht gearbeitet, wie immer behauptet wird, und hätte die Periode voll durchstehen müssen“, sagt Weigle. „Die Ampel hat in Krisenzeitung nach Russlands Überfall auf die Ukraine funktioniert und die Versorgung sichergestellt.“ Der SPD-Kandidat erinnert dabei an Horrorszenarien von 2022, die einen Kältewinter oder Hungeraufstände skizzierten.

Dass die FDP das Ende der Regierung provoziert hat und dabei in ihrem Strategiepapier auf einen „D-Day“ hinarbeitete, hat Weigle erschüttert. „Ich war kein Freund der Großen Koalition von CDU und SPD. Aber die hat sich nach ihren Streitereien geeinigt und diese Kompromisse dann auch verteidigt.“ In der Ampel sei dagegen eine Einigung eine Stunde später schon wieder kritisiert worden. Vor allem die FDP sei Opposition in der Regierung gewesen. „Keine kluge Strategie“, sagt Weigle dazu.

Das Bild für die SPD werde sich noch deutlich verbessern, vermutet er: „Die Leute werden sagen: In Krisenzeiten brauchen wir Erfahrung – und die hat Friedrich Merz von der CDU nicht.“ Gerade die Union hätte der Außenministerin Annalena Baerbock immer vorgeworfen, sie hätte keine Erfahrung. „Diese Maßstäbe müssen nun auch an Merz angelegt werden – und dann bleiben Fragen offen.“

Reutlinger General-Anzeiger, 15.11.2024:

Politik
Reutlinger Sebastian Weigle will für die SPD in den Bundestag
VON Kathrin Kammerer

Vor zwei Jahren hatte er sich eigentlich aus der Politik verabschiedet. Nun ist Sebastian Weigle wieder auf der politischen Bühne aufgetaucht: Der Reutlinger will für die Sozialdemokraten in den Bundestag.

REUTLINGEN. Eigentlich hatte er sich aus der Politik verabschiedet, zumindest aus der Lokalpolitik. Nun will er zurückkehren – und zwar auf die Bundesebene. Der Reutlinger Sebastian Weigle will für die SPD in den Bundestag einziehen. Bei der Nominierungskonferenz am Sonntag, 24. November, können die Mitglieder des Kreisverbandes darüber abstimmen, ob er ihr offizieller Kandidat für die Wahl am 23. Februar wird. Bisher ist kein anderer Kandidat bekannt.

Weigle war 2004 mit gerade einmal 26 Jahren zum ersten Mal in den Reutlinger Gemeinderat gewählt worden, schon seit 1996 ist er SPD-Mitglied. Zudem wollte er 2021 Finanzbürgermeister werden. Mit zehn Stimmen landete er am Ende aber deutlich hinter dem parteiunabhängigen Roland Wintzen. Ein Jahr später, im Oktober 2022, verkündete Weigle seinen Rückzug aus dem Gemeinderat. Diesen begründete er mit dem großen zeitlichen Aufwand, den kommunalpolitisches Engagement mit sich bringt.

Nun ist Weigle zurück. »Der Bruch der Ampelkoalition und die geopolitischen Entwicklungen rund um die erneute Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA haben mich zutiefst beunruhigt«, sagt er. Und zur Kandidatur bewogen. Schon 2009 war er Bundestagskandidat der Reutlinger SPD gewesen. Weigle, 46 Jahre alt, ist Vater von drei Kindern. Er ist Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und arbeitet seit knapp 19 Jahren bei Willis Towers Watson, nun in leitender Position. (GEA)

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