Es war ein langer Arbeitstag: Um sechs Uhr Arbeitsbeginn, um kurz vor sieben am Abend dann wieder auf den Rückweg: Das zweite Praktikum stand an. Dieses Mal war ich auf dem Heidäckerhof der Familie Rauscher in Hohenstein-Ödenwaldstetten zu Besuch. Einen Arbeitstag komplett mitlaufen, nach dem Motto: „So hilfreich wie möglich zu sein, ohne im Weg zu stehen“.

Und ganz offensichtlich hatte ich einen Tag erwischt, an dem ich auch tatsächlich eine Hilfe sein konnte, war doch ein Teil der Mannschaft auf dem Hof ausgeflogen. So begann ich erst einmal mit dem Füttern des Viehs im luftigen und großzügigen Stall des Bio-Hofs.
Ausgefüllter Arbeitstag – und Arbeit auf dem Hof kennt kein Alter
Als nächstes nahm mich Herr Rauscher Senior, der mit seinen 82 Jahren trotzdem täglich schon um fünf Uhr im Stall steht, mit in den Melkstand. Nach kurzen und prägnanten Anweisungen konnte ich mich an die Vorbereitung der Kühe machen und nach einigem Beobachten war ich schon ganz Melkhelfer. Wobei das Melken der Büffelkühe eine besondere Herausforderung war und ich mir schon Sorge um den Zustand meiner Arme machte. Denn allzuleicht sind die Guten ja nun nicht.
Nach einem herzhaften Frühstück ging es dann hinaus, eine neue Weide einzuzäunen und das Vieh umzutreiben und den Kälberstall neu einzustreuen. Nach dem Mittagessen konnte ich mit einer Gruppe eine Führung über den Hof genießen und einiges Wissenswertes erfahren. Anschließend ging es gemeinsam auf die Weiden nach Wasserstetten. Hier musste ein Zaun repariert werden, ehe die Jungviehherde dort hineingetrieben wurde und mit frischem Wasser aus der Lauter gezapft versorgt wurde. Dabei leistete der schon fast historisch alte MB-Track (der Senior aus dem Mercedes-Fuhrpark des Hofes) treue Dienste.
Gegen Abend stand noch einmal eine Menge auf dem Programm: Das Vieh wurde noch einmal gefüttert und die Kühe (nicht die Büffel) gemolken, dieses Mal unter den strengen Augen der Aufsicht, stand doch eine Milchprobe an. Dann wurde der Arbeitstag mit einem guten Abendessen (der Rauscher-Käse ist fantastisch) abgeschlossen.
Interessante Gespräche
Neben der Arbeit gab es auch Möglichkeiten, mit Jung und Alt auf dem Hof zu sprechen. Die Jungen zeigten sehr deutlich die Probleme in der süddeutschen Landwirtschaft auf: „Wenn ein Bauer hier zehn Hektar hat ist er ein Großer. Das reicht nicht hin“, so der Kommentar des Azubis auf dem Hof. Und auch die Nebenwirkungen der Biogas-Anlagen wurden angesprochen. So wirken sie auch als ein Treiber für Pachtpreise. Ich habe ihnen versprochen, mich dafür einzusetzen, dass Biogasanlagen nicht unabhängig von vorhandener Kapazität an verwertbaren Rohstoffen geplant werden dürfen. Es ist unlogisch, diese mit Futter in Betrieb zu halten. Zudem sollte geprüft werden, ob für den Anbau nicht stillgelegte Flächen genutzt werden können.
Höchst erstaunlich der Bericht der jungen Angestellten auf dem Hof, dass in Kanada für Höfe, die einen neuen Arbeitsplatz schaffen, ein Traktor als Prämie vom Staat zugegeben wird. Einig waren wir uns darin, dass das EU-Subventionssystem so gestaltet werden muss, dass nicht mehr die ganz großen den Reibach machen, sondern dass dort, wo es notwendig ist, die Zahlungen ankommen. Dass es ohne Beihilfen nicht geht, das ist klar.
Das größte Lob kam dann von Herr Rauscher Senior, der nicht nur anmerkte, dass ich nicht nur der wahrscheinlich einzige Politiker sei, der einen ganzen Tag für seine Betriebsbesuche und -mitarbeit einplant, sondern der dann auch verschmitzt fragte, ob ich denn nicht bereit sei, als Betriebshelfer mitzuarbeiten. Kann es Schöneres geben?
Sebastian Weigle
P.S.: Bilder folgen noch!

